Freitag, 18. Oktober 2013

Jojo Moyes - "Ein ganzes halbes Jahr"

Quelle: www.amazon.de
Über den Autor:
Jojo Moyes, geboren 1969, hat Journalistik studiert und für die «Sunday Morning Post» in Hongkong und den «Independent» in London gearbeitet. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern auf einer Farm in Essex.
(Quelle: im Roman abgedruckt)

Inhalt/Über das Buch:
Will ist nach einem Unfall querschnittsgelähmt und kann nur noch eine Hand und seinen Kopf ein wenig bewegen. Früher war er aktiv und hat das Leben geliebt.
Louisa wird engagiert um ihn sechs Monaten zu unterstützen - das sollen die letzten Monate seines Lebens werden.

Meinung:
Das Buch hat mich sehr bewegt. Es ist mir leicht gefallen, mich in den etwas ziellosen Charakter von Louisa hinein zu versetzten. Sie ist auf eine charmante Weise begeisterungsfähig und wächst innerhalb des Romans über sich hinaus.
Ihr Kontrast ist Will, der sich zunächst in einer depressiven Gedankenwelt verloren hat und erst durch ihre Hilfe wieder langsam auftaut.
Diese Entwicklungen wirken eingehend auf den Leser und verbinden einen zu den Hauptcharakteren. Der sprachlich einwandfreie Stil unterstützt die Eindringlichkeit dieser emotionalen Ebenen. Die Autorin überzeugt durch einen gut lesbaren, eingängigen Stil und einer (scheinbar) gut recherchierten Geschichte.

Die einfach wirkende Handlung lässt zunächst wenig Tiefgang erwarten, was sich aber schnell durch die aufkommenden moralischen Fragen auflöst. Der Leser fiebert bei allen Problemen mit und stellt sich selbst der Fragestellung: Wie reagiert man, wenn sich ein geliebter Mensch das Leben nehmen will? Denkt man anders darüber nach, wenn man weiß, dass derjenige leidet (physisch oder psychisch)? Kann man seinen freien Willen respektieren? Kann man der Person trotzdem beistehen - komme was wolle?
Und immer wieder auch die Frage: Was will ich selbst vom Leben? Nutze ich die Zeit die mir gegeben ist wirklich aus?

Ein wenig schade finde ich jedoch, dass das Thema Freundschaft in dem Roman etwas zu kurz kommt. Vielleicht wären echte Freunde nochmal anders mit dem Thema umgegangen. Außerdem hätten Freunde (oder auch Bekannte) alles noch anders beleuchten können. Eventuell wäre das Buch dann aber auch überladen/überfrachtet worden mit zu vielen Strängen. Schwierig einzuschätzen.

Außerdem frage ich mich, wie die Geschichte abgelaufen wäre, wenn der Tetraplegiker nicht wohlhabend gewesen wäre. Das hätte einiges geändert und noch mehr soziale Aspekte aufgeworfen. Aber auch hierbei wäre der Roman deutlich umfangreicher geworden, zulasten der Liebesgeschichte.

Kritiker könnten bemerken, dass der Roman etwas schnulzig und auch teilweise klischeehaft die Einstellung von Louisa beschreibt. Aber dem Leser sollt klar sein, dass es sich trotz allen moralischen Fragen meiner Meinung nach hauptsächlich um einen Liebesroman handelt. Da sollten Gefühle und Tränen ruhig erlaubt sein.
Tatsächlich musste ich ganz schön weinen am Ende. Ich verrate an dieser Stelle nicht, wie das Buch ausgeht, kann aber sagen, dass ich schon lange nicht mehr so in Tränen ausgebrochen bin beim Lesen. Das spricht für die Qualität des Buches - es bewegt.

Fazit:
Ein bewegender Liebesroman, der ein moralisch schwieriges Thema gekonnt beleuchtet.

Zitat:
In dieser Nacht schlief ich nicht. Ich lag in der kleinen Abstellkammer wach, starrte an die Decke und ließ die vergangenen zwei Monate vor dem Hintergrund dessen Revue passieren, was ich erfahren hatte. Es war, als hätte sich alles verschoben, sei zersplittert und hätte sich zu einem anderen Muster zusammengefügt, das ich kaum wiedererkannte.
[...]

[Kapitel 9, Erster Satz]

Autor:Jojo Moyes
Kategorie:Liebesroman, Gesellschaft, Moral
Erstveröffentl.:2012
Ausgabe von:2013
Seiten:512
Verlag:RoRoRo
ISBN:3-49926703-9

Bewertung (max. 5 Pkt.)
Stil:4
Handlung:4
Charaktere:3
Spannung:4-
Humor:3-
Fantasie:3
Gesamteindruck:4

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